Über einen unmittelbar bevorstehenden Wirtschaftsaufschwung in Deutschland wurde viel spekuliert: Das Geschäftsklima steigt seit Jahresbeginn trotz Zollquerelen, die Investitionspläne der Bundesregierung regen zu Wachstumsfantasien an. Doch nun meldet die Industrie: Aus und vorbei. Die am Donnerstag veröffentlichten Zahlen zeichnen ein verheerendes Bild von den Zuständen in diesem für Deutschland so wichtigen Wirtschaftsbereich. Die Produktion ging im Juni um 1,9% zurück, nahezu doppelt so viel, wie die pessimistischsten der von Bloomberg befragten Volkswirte prognostiziert hatten. Auch im Vormonat schrumpfte der Sektor wider Erwarten. Für das zweite Quartal steht der Zeiger in der Industrie nun bei -1%. Für die Wirtschaft als Ganzes bedeutet das nichts Gutes. Erst in der vergangenen Woche revidierte das Statistische Bundesamt die zuvor vermeldete Wellblechkonjunktur der vergangenen zwei Jahre in eine fette Rezession. Auf eine kurze Verschnaufpause im Winter, in der Unternehmen versuchten, US-Zöllen zuvorzukommen, folgte im zweiten Quartal ein erneuter Rückgang des BIP. Dieser könnte aufgrund der letzten Industriezahlen nun größer als erwartet ausfallen und im schlechtesten Fall auch auf das Sommerquartal überschwappen. Unternehmen haben in den vergangenen Wochen jedenfalls reihenweise ihre Prognosen für das laufende Jahr nach unten revidiert. Dazu zählen Autobauer wie Audi und Porsche ebenso wie Chemiekonzerne BASF und Brenntag, Logistikunternehmen wie Jungheinrich, Stahlproduzenten wie Salzgitter, Pharmariesen wie Beiersdorf und Merck. Um nur einige zu nennen. Und der Optimismus, der sich trotz widriger Umstände tapfer behauptet? Zum großen Teil Wunschdenken, sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt für Deutschland bei der ING. “Die heutigen Daten zur Industrieproduktion sind ein kalter Schauer für unsere lange gehegte Erwartung, dass sich die deutsche Industrie zumindest konjunkturell erholen wird. Abgesehen von den US-Vorzieheffekten hat die deutsche Industrie ihre Talsohle noch immer nicht verlassen.” Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Annika Reichelt und Jenni Thier: Schweizer Zollschock, neue Friedenshoffnungen, Apfel-Comeback, Druckmittel Öl und Gazprom-Millionen. |